Was würde Thomas Jefferson über den 14. Dalai Lama denken?

 

 

1779 verkündete Thomas Jefferson in einem Entwurf, der 1786 von der Versammlung des Bundesstaats Virginia angenommen wurde, seine Vision der religiösen Freiheit. Zwei Zitate aus dieser bemerkenswerten Darlegung sind äußerst hilfreich, um die Argumentation, die genau auf die aktuellsten Geschehnisse innerhalb der tibetischen buddhistischen Gemeinschaft (wie später erörtert) zutrifft, aufzuzeigen. In diesen Zitaten verkündet Jefferson:

 

"... einen Bürger als des öffentlichen Vertrauens unwürdig zu erklären, indem ihm eine Unfähigkeit unterstellt wird Ämter des Vertrauens und der Vergütung anzunehmen, falls er nicht dieser oder jener religiösen Meinung zustimmt oder ihr entsagt, beraubt ihn in schädlicher Weise der Privelegien und Vorteile, auf die er gemeinsam mit den anderen Bürgern ein natürliches Recht hat."

 

"...es korrumpiert auch die Prinzipien genau dieser Religion, die es eigentlich ermutigen soll, indem es diejenigen, die sie äußerlich ausüben und ihr zustimmen, mit einem Monopol an weltlichen Ehren und Vergütungen besticht."

 

In diesen Abschnitten erfasst Jefferson klar die Gefahr, die in jedem Bemühen Politik und Religion zu vermischen liegt. Erstens kann eine solch ungesunde Verschmelzung leicht zu einer Errosion der natürlichen und zivilen Rechte der Bürger führen. Jefferson behauptet, dass zusätzlich zur Beeinträchtigung der zivilen Freiheiten und politischen Institutionen der Übergriff von Politik auf Religion zur Korruption von genau der zu fördernden Religionstradition führt. Dieser letztere Punkt muss genauer betrachtet werden. Jefferson hat realisiert, dass jede politische Nötigung oder Einmischung in religiöse Angelegenheiten ausnahmslos zur Zerstörung der Essenz dieser religiösen Praxis führt. Die Begründungen dazu können vielleicht am Besten im Rahmen der buddhistischen Praxis erklärt werden.

 

Innerhalb des Buddhismus wird die spirituelle Praxis klar als ein innerer Pfad verstanden, mit dem Ziel innere Zustände, Geisteszustände, zu verändern. Spiritueller Fortschritt kann nur durch eine innere Veränderung erfolgen. Wie die Definition schon aussagt, kann eine individuelle innere Veränderung nicht durch eine äußere Kraft erzwungen werden. Vielmehr entsteht diese Veränderung aus der aufrichtigen Absicht und Motivation des Praktizierenden. Diese Beobachtung verneint oder schwächt keinenfalls die Funktion eines spirituellen Meisters im Leben eines aufrichtigen Schülers. Tatsache ist, das Verlassen auf einen spirituellen Meister - ein zentraler Lehrsatz in allen buddhistischen Traditionen - basiert auf einem vorausgehenden, unbelasteten Entschluss seitens des Schülers hinsichtlich der Qualifikationen des spirituellen Meisters.

 

Lasst uns die Frage untersuchen, was passiert, wenn politische Interessen in den Bereich des Religiösen eindringen. Im Wesentlichen entmutigt ein solcher Eingriff das Streben nach inneren Pfaden und animiert, unter dem Deckmantel der Religion, das Streben nach weltlichen Belangen. In Jeffersons Worten wird "das äußerliche Bekennen und Zustimmen" zu einer religiösen Glaubenslehre auf Kosten einer aufrichtigen innneren Kontemplation und Untersuchung honoriert. Das Verfolgen eines äußeren Pfad oder Agenda an sich widerspricht der Definition einer spirituellen Praxis innerhalb des Buddhismus. Damit geht eine gewisse Authentizität in der Praxis des Einzelnen verloren und eine "Falschheit" schleicht sich ein. Wenn dies im Kollektiv innerhalb einer Gemeinschaft von Praktizierenden geschieht, dann kann dies eine wahre Degeneration einer gesamten spirituellen Tradition bewirken.

 

Zusammengefasst, hat Jefferson vorausgesagt, dass es eine logische Kette, vom Vermischen der Politik und Religion bis zur Degeneration, der nun unter politischem Einfluss stehenden religiösen Tradition gibt. Lasst uns untersuchen, ob die Richtigkeit dieser Hypothese durch Erfahrungen belegt werden kann. Viele historische Referenzen aus der ganzen Welt könnten die Beweisführung unterstützen, doch wollen wir uns hier auf den tibetischen Buddhismus beschränkten.

 

Auffällig in der jüngsten Entwicklung der Geschichte des tibetischen Buddhismus ist das Ausmaß, in welchem der Dalai Lama zusätzlich zu seiner historischen Rolle als politischer Führer Tibets an spiritueller Authorität gewonnen hat. In der Abwesenheit eines glaubwürdigen Panchen Lamas, hat der gegenwärtige Dalai Lama ganz öffentlich die Rollen beider, des spirituellen und des politischen Führers übernommen. Falls wir dem, was Thomas Jefferson sagt Glauben schenken, sollten beim Anblick dieser Rollenverschmelzung die Alarmglocken läuten. Nichtsdestotrotz sah der Großteil des Westens keinen Anlass für Zweifel am Dalai Lama. Tatsächlich tendierte die Stimmung im Westen dazu, die tibetische Situation von Jeffersons Maxime auszuschließen. Für die unkritische und sogar bewundernde Reaktion des Westens in Bezug auf die Bündelung der religiösen und politischen Macht in einer Person, werden zwei hauptsächliche "Rechtfertigungen" genannt: (1) Solch eine Zentrierung ist insbesonders in Erwiderung auf die aggressive Besetzung Tibets durch die Chinesen notwendig und (2) der Dalai Lama ist kraft seiner spirituellen Erlangungen unbestechlich.

 

Um die Verlässlichkeit dieser Behauptungen zu beurteilen, lasst uns die jüngsten Berichte der Führerschaft des Dalai Lamas untersuchen. Eine Handlung, die die Aufmerksamkeit der Medien gefesselt hat, war seine Entscheidung, die Verehrung und die Praxis von Dorje Shugden zu verbieten. Die hauptsächliche Rechtfertigung für die vollkommene Auslöschung einer alten (400 Jahre zurückgehenden) und innerhalb der Gelug-Überlieferungslinie weitverbreiteten Praxis, basierte größtenteils auf der Aussage eines Orakels. Das Orakel behauptete, Dorje Shugden würde irgendwie die tibetische politische Unabhängigkeit behindern. Der andere aufgeführte Grund war, dass diese Praxis angeblich die Lebensspanne des Dalai Lamas verkürzen würde.

 

Als Auswirkung dieses, offiziell durch den Dalai Lama in der tibetischen Exil-Gemeinschaft und darüber hinaus verhängten Verbotes, waren viele Praktizierende, die gewissenhaft einem von ihrem spirituellen Meister empfangenen inneren Pfad gefolgt sind, gezwungen, aufgrund der Androhung politischer Repressionen diese Praxis aufzugeben. Es ist mittlerweile genau dokumentiert, dass diejenigen, die sich weigerten diesem Druck nachzugeben und die Shugden-Praxis aufzugeben, in ständig zunehmender Weise durch Kräfte verfolgt wurden, die in Gefolgschaft oder im Namen des Dalai Lama handeln. In Akten der religiösen Verfolgung wurden ganze Familien innerhalb der Exil-Gemeinschaft in Dharamsala systematisch identifiziert, öffentlich gedemütigt und formell geächtet. Es gibt Berichte von Fällen, in denen Morddrohungen gegen Praktizierende und ihre Familen auf Flugblättern und in lokalen Zeitungen veröffentlicht wurden.

 

Zurück zu den Standardrechtfertigungen für die Handlungen des Dalai Lamas in den westlichen Medien. (1) Es ist offensichtlich, dass die Verschmelzung der politischen und religiösen Authorität des Dalai Lamas, anstatt die tibetische Sache gegen die chinesische Agression zu stärken, dazu geführt hat, dass (a) das Zusammenleben und die Harmonie innerhalb der tibetischen Exilgemeinschaft deutlich untergraben wurde und dass (b) die Praxis vieler aufrichtiger Anhänger unterbrochen, ihr Vertrauen zerstört und ihr spirituelles Lebens verwüstet wurde. Kurz, die Sache Tibets ist dadurch stark geschwächt worden. Was bislang den Chinesen von außen nicht gelungen ist, scheinen die Tibeter unter der Führung des Dalai Lamas von innen geschafft zu haben. Die einzige Sache, die als das Kostbarste gegen äußere Eingriffe verteidigt werden sollte - die Reinheit und Lebenskraft der tibetischen buddhistischen Traditionen - wird nun von innen bedroht. (2) Das starke Verlassen des Dalai Lama auf Orakel, seine große Sorge über seine eigene Lebensspanne und vor allem sein selbstherrliches politisches Führungsverhalten inspirieren insgesamt keine Zuversicht in seine erhabenen spirituellen Erlangungen. Auch enthüllt die Unterdrückung offener Debatten zu diesem Thema, sowie die Auferlegung religiöser Glaubenssätze duch politische Mittel eine grundlegende Unsicherheit. Es scheint, als ob der Dalai Lama wenig Vertrauen in die Aussage hat,

 

"dass Wahrheit großartig ist und sich, wenn sie belassen wird, durchsetzen wird; sie ist die angemessene und ausreichende Gegenspielerin zum Fehler und muss sich vor keinem Konflikt fürchten, außer wenn der Eingriff von Menschen ihre natürlichen Waffen - freie Auseinandersetzungen und Debatten - entschärft ." (Jefferson)

 

Dieser Verlauf der Geschehnisse wäre für Thomas Jefferson, der schon vor langem gewarnt hat, dass eine Vermischung von Politik und Religion zur Korruption beider führt, keine Überraschung gewesen. Und so ist es wieder geschehen, diesmal im tibetischen Exil in Nordindien. Das Verbot einer geliebten religösen Praxis, aus offenkundig politischen Gründen, steht für alles was falsch ist, wenn sich weltliche Herrscher verführen lassen, es zu weit zu treiben und religiöse Glaubenssätze zu diktieren. Es führte zu einer Degeneration der politischen Aufrichtigkeit und auch zu einer Degeneration der religiösen Praxis. Als der Dalai Lama kürzlich von einem Reporter gefragt wurde, ob sich alle früheren tibetischen buddhistischen Meister, inklusive seinem eigenen Lehrer Kyabje Trijang Rinpoche, bezüglich Dorje Shugden geirrt haben, antwortete er schlicht und ohne zu zögern: "Geirrt, ja, sie haben sich alle geirrt". Diese Worte sprechen Bände über den gegenwärtigen Zustand der religiösen Angelegenheit in Dharamsala. Sie beinhalten eine explizite Verwerfung der Qualifikationen seines eigenen spirituellen Meisters und im weitläufigen Sinne einen Angriff auf das Fortbestehen und die Reinheit der Gelug-Überlieferungslinie.

 

Dr Lars English, Ph.D.
Dickinson College Carlisle, PA 17013

Politischer Führer

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Die Heuchelei

Verfolgen Sie die Geschichte der dreißigjährigen politischen Kampagne des Dalai Lama, eine jahrhunderalte spirituelle Tradition zu zerstören, die ihm von seinem eigenen spirituellen Meister gelehrt wurde, und ebenso die Bemühungen derjenigen, die durch ihn verletzt werden, ihn zu stoppen:

Kurze Zusammenfassung
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Die Position des Dalai Lama
- Lobpreisung des Weisheit-Buddhas Dorje Shugden durch den Dalai Lama
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Warum geschieht es?
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Bemühungen, religiöse Freiheit wiederherzustellen
- Geshe Kelsangs Offener Brief
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Beweismaterial und Berichte aus erster Hand
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